Nach dem Startschuss für die neue Veranstaltungsreihe „Regionaldialog – meine Region“ durch AKNÖ-Präsident und ÖGB NÖ Vorsitzender Markus Wieser am 13. September 2016 im Arbeitnehmer.innen-Zentrum in St. Pölten ging es weiter ins Industrieviertel. Josef Wallenberger war für ein Impulsreferat und als Podiumsgast eingeladen.
AK Niederösterreich-Präsident und ÖGB NÖ-Vorsitzender Markus Wieser lud am 17. Oktober 2016 in die AK-Bezirksstelle Wiener Neustadt zum zweiten Regionaldialog "Meine Region – Industrieviertel".
Zahlreiche Gemeinderät.innen, Landtagsabgeordnete, eine große Zahl von Betriebsrät.innen und Bürger.innen beteiligten sich an der Diskussion über Probleme und Entwicklungschancen des Industrieviertels.
"Der Dialog schärft unseren Blick und ermöglicht uns eine zielgerichtete und erfolgreiche Arbeit für das Land", so Präsident Markus Wieser. "Das Industrieviertel verfügt über eine hohe Standortqualität, ist aber mit zwei Geschwindigkeiten unterwegs", so Wieser in seiner Analyse.
Das Industrieviertel, bestehend aus den Bezirken Wiener Neustadt, Neunkirchen, Baden, Mödling und Bruck/Leitha (inkl. Schwechat ab 2017), zeichnet sich durch ein ausgeprägtes Nord-Süd-Gefälle aus. Während die Bevölkerung bis 2030 um durchschnittlich 10,7 % steigen wird, liegt der prognostizierte Zuwachs im Süden der Region nur bei 3 %. Diese Unterschiede sind auch bei den Grundstückspreisen deutlich. So erfüllt sich der Traum vom Eigenheim in Mödling mit 377 Euro pro Quadratmeter schwieriger als in Neunkirchen mit 84 Euro. Und das bei Einkommen, die sich in vier Bezirken (Wien-Umgebung, Mödling, Wiener Neustadt-Land, Neunkirchen) über dem Landesdurchschnitt (2.014 Euro) bewegen. Der Bezirk Bruck/Leitha liegt beim Einkommen "als negativer Ausreißer" 20 % unter dem Regionsdurchschnitt.
Die Zahl der Arbeitslosen im Industrieviertel stieg in Niederösterreich 2015 um 5,9 %. Umgelegt auf das Industrieviertel lagen die Bezirke Bruck/Leitha (+2,3 %) und Neunkirchen (+5,7 %) unter, die Bezirke Wiener Neustadt (+10,7 %), Baden (+8,3 %) und Mödling (+8,2 %) wesentlich über dem Landesschnitt. Die Arbeitslosenquote im Industrieviertel von 9,5 % (NÖ: 9,1 %) gibt Anlass zur Besorgnis, vor allem da sich in dieser Region 42 % aller niederösterreichischer Arbeitsplätze konzentrieren. Von der Arbeitslosigkeit besonders betroffen sind ältere und gering qualifizierte Arbeitnehmer.innen. "Qualifikation ist hier mittelfristig der Schlüssel zum erfolgreichen Kampf gegen die Arbeitslosigkeit", so AMS-Bezirksstellenleiter Georg Grund-Groiss. Und Präsident Wieser brach einmal mehr eine Lanze für die duale Ausbildung: "Facharbeiter haben sehr gute Chancen am Arbeitsmarkt. Unser Augenmerk muss daher darauf liegen, die Lehre bei den Jugendlichen wieder attraktiver zu machen."
Mit einer hohen Anzahl an internationalen Großbetrieben und dem Technopol Wiener Neustadt (inkl. Fachhochschule) bildet das Industrieviertel den Wirtschaftsmotor in Niederösterreich. Die Nähe zu Wien muss noch stärker für den Absatz von regionalen Produkten. Gleiches gilt für die vermehrte Kooperation mit den Nachbarländern.
Trotz einer vielfach hohen Wohnqualität und breitgefächerter Bildungsangebote im Industrieviertel, gilt es Lücken in der Nahversorgung und sozialen Infrastruktur im ländlichen Raum zu schließen. Angesichts des prognostizierten Bevölkerungswachstums im Industrieviertel bis 2030 muss der öffentliche Verkehr stärker gefördert und ausgebaut werden. Vier von zehn Beschäftigten pendeln aus, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen. Die Mobilität gehöre zu jenen Rahmenbedingungen, die verhindern, dass immer mehr Menschen abwandern, so die Bürgermeisterin von Grafenbach-St. Valentin, Sylvia Kögler, die das Industrieviertel als besonders lebenswert präsentierte.
Regionalberater Josef Wallenberger appellierte daran, nicht nur in den Rückspiegel zu sehen, sondern sich aktiv den Herausforderungen der Zukunft zu stellen. Diese liegen vor allem im demografischen Wandel, in der Digitalisierung und der nachhaltigen Nutzung unserer Ressourcen.